
Nur schnorcheln und Cocktails schlürfen am weißen Sandstrand ist uns für vier Wochen zu langweilig. Die Tier- und Pflanzenwelt zu erkunden, ist uns immer wichtig. Was liegt da näher als den ältesten und größten Nationalpark Thailands aufzusuchen: Khao Yai! Gute Entscheidung! Sehr gute Entscheidung! Tolle Momente, fast am laufenden Band! So viele Eindrücke kann ein westliches Hirn nur schwer verarbeiten. Aber wir wollen es ja so. Die Lebenszeit, in der man aktiv sein kann, zerrinnt so schnell, dass Chillen nicht unbedingt die erste Option ist! Sondern ERLEBEN!
Was für drei Tage! Alles dabei, was man abhaken möchte. Skurrile Tierwelt, beeindruckende Natur, rasante Pick-up-Fahrten, interessante Begegnungen und Erfahrungen.
Ja, unsere großen Reisen sind nichts für Spinnen- und Krabbeltierphobiker. Warum existiert im Westen nur so viel Angst. Hier in Thailand scheinen die Gefahren, die von der Tierwelt auszugehen, einfach im Alltag dazu zu gehören. Sie lauern quasi hinter jeder Mülltonne. Simpel zu beantworten: Wir wachsen eben nicht mehr mit diesen Gefahren auf. Das Ekel-Gen scheint bei den Thais in ihrer DNA nicht zu existieren. Mit was wachsen wir auf: eben, vor allem Angst! So viel, dass wir unsere Kinder nicht mehr alleine in die Schule gehen lassen. So viel, dass freihändiges Fahrradfahren nicht mehr selbstverständlich gekonnt wird. So viel, dass wir alles am Datum des Verfalls direkt in den Müll schmeißen. So viel, dass wir alles schützen und versichern müssen. Hier fahren Omas mit ihren Enkeln Roller ohne Helm. Hier wird Sushi auf der Straße bei 30 Grad verkauft. Das Risiko gehört hier zum täglichen Leben.
Zwei gebuchte Touren in der Natur, die uns schwärmen lassen. Uns! Viele würden so etwas vielleicht nicht machen: eine Tagestour ins Unbekannte. Aber das ist der Reiz. Sicherheit der Touristen ist für die Anbieter oberstes Gebot. Darauf muss man vertrauen können. Einen Trail im thailändischen Dschungel zu absolvieren, auch wenn er nur 4 Km beträgt, eine krasse Erfahrung. Natürlich brauchten wir keine Machete, um uns durchzuschlagen, aber es war alles trotzdem ziemlich eng und zugewachsen. Unser Abenteuerteam bestand aus 7 Personen: Guide Than, ein Stuttgarter junges Pärchen und ein holländisches junges Pärchen. Schnell waren wir eine verschworene Einheit im Staunen und Helfen, wie das halt immer so ist, wenn offene Menschen aufeinander treffen. Zu staunen gab es so viel. Und zu hören. Live die (sehr lauten) Tiergeräusche des Dschungels zu vernehmen, unbeschreiblich! Wären wir alleine unterwegs gewesen, hätten wir geglaubt, dass eine Herde Gibbon hinter uns her ist und ein Festtagsessen aus uns machen möchte. Es waren aber nur zwei Gibbon-Familien, die von Baum zu Baum im Klinch lagen. Auch immer eine große Magie, wenn die Tiere mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. In einem Baum die in der Rinde versteckte Spinne zum Beispiel. Wenn man dann darauf aufmerksam gemacht wird und das Auge hinzoomt, ist es wie eine Art Zaubertrick, den man da erlebt.
Warum posten wir so viele Tiere oder Pflanzen? Ist doch langweilig, kann man auch im Zoo haben. In einem Nationalpark mit Guide die Gegend zu erkunden, finden wir aber viel spannender. Dieses Tun stiftet einen größeren Sinn für uns - und wir sind jede Minute erfüllt.
Jeder Moment ist ein eigener kleiner kostbarer Schatz, den es zu bewahren gilt.
Ein Schatz! Ja, das war er: der Fick-Baum. Äh, so haben wir seine Bezeichnung von Than aufgeschnappt.
Nicht Fick, sondern Fig, von Ficus. Ein Exemplar, dass wir nicht so schnell vergessen werden. Mit seinen riesigen Wurzelarmen umarmte er uns. Als ob es sein Auftrag wäre, uns Demut und Respekt einzuhauchen. Ich hatte Gänsehaut und fühlte mich unendlich geborgen. Wie so oft in einzigartigen Situationen, denke ich an meine eigene Vergänglichkeit. Hier in Mitten des umarmenden Wurzelwerks möchte ich gerne bestattet werden. Mein Tag wäre nie langweilig. Ich könnte immer Menschen aus der ganzen Welt die wunderschöne Natur ein wenig näher bringen und sie zum Staunen bewegen.
Schade, dass die Nachhaltigkeit bei Fernreisen nicht gegeben ist. Reisen bildet doch, glaubte schon Goethe. Wir machen uns vor, dass wir das innerhalb unserer CO2-Bilanz in anderen Bereichen etwas reinholen. Aber das ist sicherlich ein Trugschluss. Das ist irgendwie unser aller absurdes Leben: Orte und Welten zu bestaunen, die durch unser eigenes Konsumverhalten ständig bedroht sind.
400 Elefanten leben noch im Park. Meistens zu beobachten im November oder Dezember. Wir haben viel gesehen und gehört, aber so ein frei lebender Elefant vor die Linse zu bekommen, wäre natürlich der krönende Abschluss der Tour gewesen. Und unser famoser, lustiger Guide Than hat es möglich gemacht. Mit einer rasanten Angst einflößenden Fahrt auf dem Pick-up. Kreuzschonend war das nicht. Thailand ist nichts für Weicheier.
Und da stand ER. Ein männliches Exemplar, alleine. Männer sind meistens alleine on the road. Nur ein stoischer Elefant im hohen Gras. Kein Cocktail vor glasklarem Meer. Und trotzdem hüpfte das Herz und man strahlte über das ganze Gesicht. Jeder Beobachter wurde ganz still. Der Mensch ist glücklich bei dem Anblick dieser einzigartigen Geschöpfe, man könnte an Gott glauben, kann nachempfinden, dass sie heilig sind. Gleichzeitig fragt man sich, warum der Mensch nur so viele Arten jeden Tag ausrottet. Warum nur? Er lernt dazu, aber wahrscheinlich schon viel zu spät. Auch hier machen wir uns womöglich etwas vor: Dass unsere Devisen einen Teil zur Arterhaltung beitragen.
Es ist wunderschön mit anzusehen, wie konzentriert die Guids ihre Arbeit verrichten. Mit großer Begeisterung und Stolz zeigen sie einem ihre wunderbare Welt. Sie sind Genies im Sehen und Hören. An ihren Gesichtern kann man ablesen, ob die Gefahr doch bedrohlich werden könnte. Als Reisender in exotische Länder benötigt man gute Menschenkenntnis und eine feine Antenne im Bereich der Kommunikation. Unser Guide bei den Bat Caves, sorgte kurz für Entsetzen. Die Viper, die er uns zeigen wollte haute hinter seinem Rucksack ab. Er verlor die Kontrolle über sie. Die Schlange richtete sich an seinem Hinterkopf auf, wirkte aggressiv. Der Guide strahlte keine Sicherheit mehr aus und fragte: Hat sie mich gebissen? Wir raunten ! Ein anderer Guide kam zur Hilfe und schnappte sich die unerzogene Schlange. Überreichte sie aber wieder zugleich seinem Kumpel. Dieser setzte sie auf einen Draht in der Nähe aus. Sichtlich erleichtert, nicht für einen dauerhaften Schockmoment gesorgt zu haben. Wie glauben nicht, dass die Szene einstudiert war.
Ein exotisches Tier auf die Hand zu nehmen, auch wenn es nur ein Tausendfüßler ist, - aber dafür ein sehr großer! - eine sehr besondere Erfahrung! Vor allem sehr kitzelig. Es fühlte sich an, als würden die Saugnäpfe an der Haut lutschen. Ich glaube einfach, dass wir so große Bedenken haben, so etwas mal auszuprobieren, weil wir diese Kreaturen nicht gewöhnt sind. Wenn es keine direkten Berührungen gibt, dann ist das Befremdliche gleichzeitig bedrohlich. Dieses Gefühl herrscht nicht nur bezogen auf die Tier- und Pflanzenwelt vor.
Naivität ist natürlich manchmal sehr hilfreich, sich besondere Erlebnisse nicht entgehen zu lassen. Es wird schon nicht so schlimm werden, ein wichtiges Mantra.
Zum Beispiel der Sprung ins kühle Nass, obwohl der Guide betonte, dass alle thailändischen Schlangenarten auch schwimmen können. Es war dann tatsächlich nicht so schlimm, sondern sehr erfrischend! Seltsam, im Urlaub bin ich viel mutiger als Zuhause!
Ein unfassbares Naturschauspiel hat uns auch sehr beeindruckt. 2 Mio Fledermäuse verlassen jeden Tag bei den Bat Caves während sie Sonne untergeht eine Stunde ihre Höhlen. Wie an einer Schnur aufgezogen flattern sie gen Sonnenuntergang. Die südostasiatische Fledermaus ist sehr ordnungslieb und zuverlässig. Nicht nur das tierische Erlebnis war ein Highlight, auch wunderschöne rosa gefärbte Abendhimmel lies keine Wünsche offen.
Der Abschied von Kha Yai fiel uns schwer. Gern hätten wir noch die eine Tour mehr gemacht. Man wird geradezu süchtig nach diesen Kontakten mit der fremden Welt.
Aber wenn es am schönsten ist, sollte man - genau - weiterziehen. Ein letztes Foto mit Whan unserem sehr netten private waiter musste unbedingt sein. Der erste Abend war noch holprig bezüglich der Kommunikation. Schlechtes Schulenglisch traf auf noch schlechteres Thai-Englisch. Aber Lachen hilf immer, um Unsicherheiten zu überspielen. Am dritten Tag - wir fanden das Restaurant einfach zu hübsch und zu lecker, um noch ein anderes aufzusuchen, waren Whan und wir sowas von Dicke. Irgendwie muss er über Nacht einen Englischkurs belegt haben, so schien es uns. Die Kommunikation flutschte so gut, wie das leckere Thai-Bier! Bye bye Whan, mein Guter!